Wilde Kerle unterwegs...
Sie sind meist in den frühen Morgenstunden auf Landstraßen unterwegs, um zur Arbeit zu kommen? Was tun, wenn plötzlich ein kapitaler Hirsch Ihren Weg kreuzt? Wildunfälle gibt es öfter als Sie vielleicht denken: Laut Auskunft des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) gab es 2011 mehr als 235.000 Kollisionen mit Wild.
Was ist Wild?
Grundsätzlich sind unter "Wild" alle wildlebenden Tiere zu verstehen, die keinen Eigentümer haben und in freier Wildbahn leben. Von diesem allgemeinen Wildbegriff ist jedoch der versicherungsrelevante Begriff zu unterscheiden, der dann zum Tragen kommt, wenn Sie einen Wildunfall haben und den Schaden von Ihrer Kfz-Kasko-Versicherung ersetzt haben wollen.
Was ist versichert?
Viele Versicherer beschränken den Versicherungsschutz im Rahmen der Teilkaskoversicherung auf Unfälle mit Haarwild.
Haarwild
Was unter Haarwild zu verstehen ist, kann man der Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesjagdgesetzes entnehmen. Die Aufzählung dort ist abschließend und umfasst beispielsweise Rotwild, Schwarzwild (Wildschwein), Feldhase und Fuchs. Davon zu unterscheiden ist Federwild, etwa Rebhuhn, Fasan oder Falke. Ein Zusammenstoß mit diesen wäre in den meisten Fällen daher nicht versichert.
Tipp
Ein Blick in die Bedingungen Ihrer Kfz-Versicherung lohnt: Manche Versicherer dehnen den Versicherungsschutz aus auf Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen oder gar auf Zusammenstöße mit Tieren aller Art.
Aber zahlt die Versicherung in jedem Fall? Nein. Vielmehr ist zu unterscheiden, ob es zu einem Zusammenstoß mit dem Wild gekommen ist oder ob Sie durch ein Ausweichmanöver Schaden an Ihrem Fahrzeug erlitten haben.
Bei Zusammenstoß von Wild und Fahrzeug...
... ist der Versicherungsschutz in der Regel unproblematisch gegeben. Voraussetzung ist, dass der Zusammenstoß mit dem Tier ursächlich für den Unfall war. Dann ist sowohl der Fahrzeugschaden versichert als auch die Schäden, die durch die Auswirkungen des Zusammenstoßes entstanden sind, etwa wenn Sie von der Fahrbahn abgekommen sind.
Es ist übrigens nicht Voraussetzung, dass das Tier im Zeitpunkt des Zusammenstoßes noch lebt. Kollidieren Sie mit einem Haarwildkadaver, ist auch der hierdurch entstehende Schaden am Fahrzeug versichert.
Bei Ausweichmanövern...
... wird es schon etwas komplizierter. Weichen Sie dem Haarwild aus und kommt es hierbei nicht zu einer Kollision mit dem Tier aber zu einem Schaden durch das Ausweichmanöver, besteht zunächst nicht unmittelbar Versicherungsschutz. Diese Schäden können aber dennoch versichert sein, wenn durch das Ausweichmanöver größere Schäden am Fahrzeug verhindert wurden oder Sie das Ausweichen den Umständen nach zumindest für geboten halten durften.
Man spricht dann von sogenannten Rettungs- oder Schadenverhütungskosten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) darf dabei das in Kauf genommene Schadenrisiko nicht größer sein als der ohne die Rettungshandlung drohende Schaden. Und was bedeutet das für Sie in der konkreten Situation? Wägen Sie ab: Welcher Fahrzeugschaden droht bei einer Kollision mit dem Tier und welche Schäden könnten durch ein Ausweichmanöver entstehen?
Dabei wird es insbesondere auf die Größe des Tiers ankommen. Hier gilt: je kleiner das Tier und je größer Ihr Auto, desto weniger dürfte ein Ausweichen geboten sein.
Und als Motorradfahrer?..
Selbst kleineren Tieren wie Marder oder Hasen darf ein Motorradfahrer ausweichen, wenn er wegen der Instabilität seines Kraftfahrzeugs bei einem Zusammenstoß ein Wegrutschen befürchten muss.
Die Beweislast
Hatten Sie einen Wildunfall, trifft Sie grundsätzlich die Beweislast dafür, dass die Schäden an Ihrem Fahrzeug tatsächlich auf dem Zusammenstoß beruhen oder durch das Ausweichmanöver entstanden sind.
Was ist zu tun?
... solange noch Zeit ist:
... sollten Sie Warnschilder für Wildwechsel beachten und mit angepasster Geschwindigkeit fahren. Halten Sie Abstand zum Vordermann und seien Sie bremsbereit.
Sehen Sie Wild auf der Straße, blenden Sie ab, bremsen Sie, hupen Sie und halten Sie an. Beachten Sie dabei den nachfolgenden Verkehr! Schalten Sie die Warnblinker an!
Obacht! Einem Tier folgen meist noch weitere!
...wenn´s zu spät ist:
...und Sie merken, dass Sie einen Zusammenstoß nicht mehr vermeiden können, halten Sie die Lenkung fest und versuchen Sie, die Fahrtrichtung beizubehalten. Es empfiehlt sich festes, stoßweises Bremsen ohne Ausweichversuch, da dies meist zum Schleudern führt.
Nach dem Zusammenstoß:
- Sichern Sie die Unfallstelle ab
- Informieren Sie die Polizei (Notrufnummer 110) - diese wird dann den zuständigen Revierförster in Kenntnis setzen
- Sofern möglich, schaffen Sie ein totes Tier an den Randstreifen, um Folgeunfälle zu vermeiden. Wichtig! Fassen Sie das Tier nicht mit bloßen Händen an - es besteht Tollwutgefahr!
- Fassen Sie ein verletztes Tier nicht an. Das könnte gefährlich werden! Sie können dem Tier nicht helfen!
- Sollte das Tier nach dem Zusammenstoß weglaufen, merken Sie sich Fluchtstelle und Fluchtrichtung. So erleichtern Sie dem Jäger die schnelle Nachsuche.
- Lassen Sie sich von der Polizei eine Wildunfallbescheinigung ausstellen. Das erleichtert die Regulierung mit Ihrer Kaskoversicherung
Bloß nicht!
Kommen Sie nicht auf die Idee, das Wild mitzunehmen. Damit machen Sie sich der Wilderei strafbar (§ 292 Strafgesetzbuch (StGB))